Nicht nur ein Mittelalterfest an sich hat einen besonderen Reiz, sondern auch die jeweilige „Location“ kann dem Ganzen unter Umständen noch ein Sahnehäubchen aufsetzen, so wie das alljährliche Ritterfestspiel im südtiroler Schluderns. Auf einem Talboden zwischen dem Ortler auf der einen und der Churburg auf der anderen Hangseite gelegen. Eine Landschaft abwechslungsreich wie seine Geschichte: Almen, Wiesen, Wälder, Apfelplantagen, sanfte Ebenen und schroffe Felsen. Und auch das Wetter hat in vier Tagen fast alles gezeigt, was es aufzubieten hat; Regen, Sonne, Wind, schwarze Wolken, weiße Wolken, blauer Himmel und das alles in mehrfacher Abfolge täglich.
Aber nicht nur deshalb war Schluderns beeindruckend, sondern vor allem wegen seinem Großaufgebot an historischen Gruppen: von Römern, die Kampfformationen und Streitwagenrennen präsentierten über zahlreiche beeindruckende Wickingergruppen, verschiedene hochmittelalterliche Darstellungen, Ritter – mal schlicht, mal als „Vollkontaktler“ – bis hin zu zahlreichen Landsknechtgruppen, die sich in Prunk der Kleidung, Waffen und „Accessoires“ wechselseitig herauszufordern schienen. Ein Fest für die Augen!
Je nach dem, wann die Anreise erfolgte, stellte das Wetter immer wieder eine andere Stimmung zur Schau, aber selbst Wind und Regen wurden durch die Wirkung der Gesamtszenrie schnell wieder vergessen. Eine riesige Wiesenfläche, auf der mehrere hundert mittelalterliche Zelte aufgebaut waren, bot den Rahmen, der ab Freitagmorgen 10 Uhr ein Abtauchen in eine vergangene Zeit ermöglichte.
Natürlich standen im Lager täglich zahlreiche Routinearbeiten, wie Wasserholen, Holzhacken, Kochen oder Spülen auf der Tagesordnung, wofür sich meist zahlreiche Helfer fanden. Ein besonderes Lob für die verschiedenen KöchINEN, die uns – wie immer – kulinarisch einfache, aber sehr leckere Speisen zubereiteten: Lasagne im Dutch Oven, Dampfnudeln, Gyros aus dem Wok mit weißem und roten Krautsalat und Zaziki, Käse-, Spinat- und Speckknödel mit gedünsteten Zwiebeln oder Rührei aus Straußeneiern. Auch das war ein Grund, sich auf Schluderns zu freuen!
Unter der Mitwirkung unseres Landsknechtstrosses standen täglich zwei verschiedene Ereignisse auf dem Plan: vormittags ein Festumzug mit allen Gruppen entweder durch das Lager oder am Samstag über ca. zweieinhalb Stunden durch den Ort. Insbesondere der große Umzug war schlichtweg atemberaubend! Aufgrund seiner Mannstärke (Frauen und Kinder natürlich mitgerechnet), seiner unglaublichen Vielfalt an Formen und Farben, sowie an der Detailverliebtheit vieler Landsknechtdarstellungen und der Menge an emporragenden Helebarden und Spießen, war dies ganz klar das bildbestimmende Element! Und Abends eine große Feldschlacht mit etwa 200 Kämpfern der „Ritterzeit“ und zahlreichen verschiedenen Landsknechtgruppen unterschiedlicher Waffengattungen, in der eine historische Schlacht kaiserlicher Truppen gegen Schweizer Reisläufer dargestellt wurde. Auch hier wieder eine überwältigende Vielfalt und unterschiedlichen Landsknechtgewandungen, Rüstungselementen oder Waffen. Wirklich beeindruckend und ein fulminantes Ende der Mittelaltersaison 2022.